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Verantwortung durch Reflexion

Workshop : Nanjing University of Arts

Jedes Land, jede Nation und jedes Volk hat seine individuellen historischen Traumata zu verarbeiten. Seit jeher half die Kunst dabei, den abstrakten Begriffen Verantwortung, Schmerz, Schuld und Erinnerung einen im besten Sinne nachvollziehbaren Rahmen zu verleihen. Das Medium Plakat ist spätestens seit dem 20. Jahr­hundert besonders dazu geeignet, historische Erfahrungen und deren Kanonisierung durch Geschichtsschreibung, Medien und Politik auf das Wesentliche zu reduzieren. Zum kollektiven Gedächtnis des heutigen China gehört zweifellos das Nanjing Massacre im Dezember 1937, bei dem mehr als 300.000 chinesische Zivilisten auf grausame Weise ermordet wurden. Im selben Jahr wurde in München die Propagandaausstellung >Entartete Kunst< eröffnet, auf der Werke von verfemten Künstlern gezeigt wurden.

Zeitgleich begann die Errichtung des Konzentrationslagers in Buchenwald. Damit wurde zugleich eine Neuorganisation der Lager in Deutschland in Angriff genommen und die industrielle Vernichtung von Millionen vorbereitet.

Das  Projekt Nanjing Massacre wurde bewusst als offene künstlerische Auseinandersetzung angelegt. Es soll die Auseinandersetzung mit Geschichte und Erinnerung evozieren – und dabei die Aufgabe von Kunst in diesem Bereich näher beleuchten. Es geht um eine kollektive Erfahrung einer jungen Generation in China. Bei dieser spielt (spielen) die Geschichte(n) der eigenen Familie, der eigenen Universität und der eigenen Stadt eine bestimmende Rolle.

Welche Formen- und Bildersprachen, welche Botschaften empfinden heute junge Chinesen als die schwärzesten Stunden ihrer Geschichte? Spannend ist die Konfrontation von Opfer- und Täter-Nachkommen im künstlerischen Kontext. Ziel dieser thematischen Auseinandersetzung ist der Entwurf von Plakaten. Angestrebt wird die künstlerische Reflexion der Begriffe Verantwortung, Antwort, Wort, Ort und letztlich auch Ortung.

Immer wieder wird die Frage gestellt, welche objektiv nachvollziehbare Wirkung sich mit Bildender Kunst überhaupt erzielen lässt?

Sicher ist, dass die Bildende Kunst im 20. Jahrhundert eine zunehmend stärker werdende Vermittlungsfunktion übernommen hat, unterstützt vor allem durch die elektronischen Medien. Da Wissen immer umfangreicher und gesellschaftliche Strukturen immer komplexer und weniger transparent werden, gilt es, Verständigung nicht nur zwischen den unterschiedlichen Gruppen, Organisationen, Institutionen und sozialen Schichten zu fördern, sondern auch zwischen den Kulturen einer globalen Gesellschaft. Bildende Kunst hat die Aufgabe, Inhalte zu erfassen und diese unter Anwendung künstlerisch­-wissenschaftlicher Erkenntnisse mit künstlerisch-ästhetischen und adäquaten technischen Mitteln zum Ausdruck zu bringen. Um einen sinnfälligen und bildnerischen Einsatz der Mittel zu erreichen, müssen die Inhalte ihrer Zielsetzung und Wirkungsabsicht entsprechend geplant und in ihrer künstlerischen Realisation und Vermittlung aufeinander abgestimmt werden.

Heinz Jürgen Kristahn

Ausstellung und Plakate

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